Geschichte des Turms mit Kirchenschiff
Wer kennt es nicht das markante Oeffinger Wahrzeichen?
Lange Zeit war unklar auf welches Jahr der Bau des Turmes und der Kirche zu datieren ist. Aus der Inschrift auf der nördlichen Außenwand neben der Wendeltreppe ergibt sich der Tag der Einweihung. Es war der 20. April 1457.
Die Geburtsurkunde in gotischer Schrift lautet:
1457 quarta feria post pascha
1457 Mittwoch nach Ostern ( 20.April ) wörtlich: der 4. Tag nach Ostern
Freigelegt wurde das historische Dokument 1976, als die alte Sakristei und das Kirchenschiff aus dem Jahre 1840 abgebrochen worden sind. Vielleicht ist auch ein älterer Turmstock verwendet worden. Am Turm waren im Laufe der Jahrhunderte immer wieder bauliche Eingriffe erforderlich. In den Jahren 1608 / 09 muss er im oberen Teil neu erbaut worden sein.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Turm so schwer beschädigt dass nach einer alten Beschreibung "drei schöne Glocken samt Glockenstuhl lange Zeit ganz bloß gestellt waren". Im Jahre 1643 wurde der Turm renoviert und im Jahre 1663 musste der Glockenstuhl erneuert werden. Im Jahre 1708 wurde der Turm umgebaut und erhöht. An den Baukosten beteiligte sich das Haus Württemberg und das Domkapitel zu Augsburg. Im Jahre 1743 erfolgte schon wieder eine Renovierung der baufälligen Turmkuppel. Eine weitere Reparatur am Turm war im Jahre 1794 fällig.
1882 brach man die beiden Fachwerkstöcke des Turmes und die welsche Haube wegen Baufälligkeit ab und ersetzte sie durch eine achteckige Fachwerkglockenstube mit Zelthelm.
Oeffingen gehört den Herren von Neuhausen. Das Patronat über die Kirche hat das Kloster Adelberg.
In der kirchlichen Organisation gehört es zur Diözese Konstanz. Bischof ist Heinrich von Hewen. In Rom sitzt Papst Alexander VI (Borgia) auf dem Stuhl Petri. Die Grafschaft Württemberg ist seit 1442 geteilt in die Linie Stuttgart und Urach. In Stuttgart regiert Graf Ulrich V. der Vielgeliebte (1433 - 1480).
1482 wird Württemberg im Münsinger Vertrag wieder vereinigt. Das Reich regiert Kaiser Friedrich III, der erste Kaiser aus dem Hause Habsburg, 1452 in Rom zum Kaiser gekrönt, seit 1440 deutscher König.
Im Jahr 1459 wird Graf Eberhard V im Bart Landesherr und am 21.6.1495 auf dem Wormser Reichstag erster Herzog von Württemberg.
Die Zeit von 1350 - 1530 wird im Allgemeinen als Zeit der Spätgotik angesetzt. Das Württemberg des späten 15. Jahrhunderts wird als "blühender Garten der Spätgotik" angesetzt. Der Zug zur verfeinerten Eleganz bestimmt die Architektur. Das Rippengewölbe wird in der Spätgotik zum Feld künstlerischer Versuche. Reiche Netzrippengewölbe sind in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bei der Auswölbung von Kirchenräumen üblich. Typisch sind fischblasenförmige Elemente, deshalb auch Flamboyant-Stil genannt.
Der Baumeister des Grafen Eberhard im Bart war Peter von Koblenz.
In den meisten Dörfern des altwürttembergischen Gebietes wurden die Kirchen im 15. Jahrhundert neu errichtet oder doch wenigstens so umgestaltet, dass der spätgotische Raumcharakter vorherrschend ist.
An ein flachgedecktes Langhaus schließt sich im Osten der etwas eingezogene aber höhere polygonale Chor an der meist netz- oder sterngewölbt ist. Der Chor ist zur aufgehenden Sonne ausgerichtet. Beliebt waren im Neckargebiet auch Turmchöre. Die meisten Dorfkirchen sind im Schiff ungewölbt, flachgedeckt mit Latten und Brettern. Die Fenster, namentlich im Chor, werden größer, eingeteilt mit steinernem Stab- und Maßwerk.
Ein beliebtes Schmuckstück waren die Wappenschilde der Kirchherren. Der Turm der Dorfkirche, der nur mit einstöckigen Häusern zu wetteifern hat, kann sich in bescheidenen Höhenmaßen halten. Im Allgemeinen passt zum Dorf ein gedrungener Kirchturm. Die Regel bei den gotischen Kirchenbauten auf dem Lande ist Bruchsteingemäuer mit Werksteineinfassung an den Maueröffnungen, Sockeln, Simsen und Kanten. Die mittelalterlichen Chorturmkirchen waren im Allgemeinen Neubauten. In den meisten Fällen gab es Vorgängerkirchen. Vielfach sind sicherlich Holzkirchen durch Chorturmkirchen ersetzt worden.
Die Chorturmkirchen hatten in großer Zahl zweigeschossige Sakristeibauten. Zweigeschossige Sakristeien folgen in ihrem Typus einem in Schwaben gängigen Schema. Auch die Sakristei wies ein einfaches Kreuzrippengewölbe auf. Die Sakristei war ursprünglich ohne Tür nach außen. Sie war ja " Tresor", in dem die hl. Geräte und die kostbaren Priestergewänder aufbewahrt wurden.
Leiter der Baustelle ( Kirchenbaumeister ) war der Werkmeister. Sein Vertreter war der Parlier. Am Bau arbeiteten die Steinmetze. Sie zogen von Baustelle zu Baustelle im Lande umher. Sie waren Spezialisten. Im gotischen Baustil liegt der Ursprung des Steinmetzzeichens. Der junge Geselle erhielt anstelle des Gesellenbriefes sein Steinmetzzeichen verliehen vom Meister. Der Meister gab die Erlaubnis, das Zeichen in den Stein zu schlagen. Die Zeichen dienen der Identifikation und der Lohnabrechnung. Die Zeichen sind Urhebermarken. Häufig sind besonders hervorgehobene Meisterzeichen. In Oeffingen nicht vorhanden.