Weltgebetstag 2018

Weltgebetstag 2018

Gottes Schöpfung ist sehr gut!

Zum Weltgebetstag 2018 aus Surinam

Surinam, wo liegt das denn? Das kleinste Land Südamerikas ist so selten in den Schlagzeilen, dass viele Menschen nicht einmal wissen, auf welchem Kontinent es sich befindet. Doch es lohnt sich, Surinam zu entdecken: Auf einer Fläche weniger als halb so groß wie Deutschland vereint das Land afrikanische und niederländische, kreolische und indische, chinesische und javanische Einflüsse. Der Weltgebetstag am 2. März 2018 bietet Gelegenheit, Surinam und seine Bevölkerung näher kennenzulernen. „Gottes Schöpfung ist sehr gut!“ heißt die Liturgie surinamischer Christinnen, zu der Frauen in über 100 Ländern weltweit Gottesdienste vorbereiten. Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche – alle sind herzlich eingeladen!  

Surinam liegt im Nordosten Südamerikas, zwischen Guyana, Brasilien und Französisch-Guyana. Dank seines subtropischen Klimas ist eine vielfältige Flora und Fauna entstanden mit  üppigen Riesenfarnen, farbenprächtigen Orchideen und über 1.000 verschiedenen Arten von Bäumen. Rund 90 Prozent Surinams bestehen aus tiefem, teils noch vollkommen unberührtem Regenwald. Ameisenbären, Jaguare, Papageien und Riesenschlangen haben hier ein Zuhause gefunden. Surinams Küsten eignen sich zwar nicht als Badestrände, dafür legen an den unberührten Stränden des Galibi-Naturreservats riesige Meeresschildkröten ihre Eier ab.

Mit seinen rund 540.000 Einwohner*innen ist Surinam ein wahrer ethnischer, religiöser und kultureller Schmelztiegel. Der Großteil der Bevölkerung lebt in Küstennähe, die meisten von ihnen in der Hauptstadt Paramaribo. In dieser als UNESCO-Weltkulturerbe geschützten Stadt steht die Synagoge neben einer Moschee; christliche Kirchen und ein Hindutempel sind nur wenige Häuserblocks entfernt. Die Wurzeln für Surinams vielfältige Bevölkerung liegen in der bewegten Vergangenheit des Landes. Im 17. Jahrhundert brachten erst die Briten, dann die Niederländer Surinam unter ihre Herrschaft. Auf den Plantagen der Kolonialherren schufteten die indigene Bevölkerung und bald auch aus Westafrika verschleppte Frauen und Männer. Ihre Nachkommen stellen heute mit den Maroons und Kreolen die größten Bevölkerungsgruppen. Nach dem Ende der Sklaverei 1863 warben die Niederländer Menschen aus Indien, China und Java als Vertragsarbeiter an. Neben europäischen Einwanderern zog es Menschen aus dem Nahen Osten und den südamerikanischen Nachbarländern nach Surinam.

Diese Vielfalt Surinams findet sich auch im Gottesdienst zum Weltgebetstag 2018: Frauen unterschiedlicher Ethnien erzählen aus ihrem Alltag. In Surinam, wohin Missionare einst den christlichen Glauben brachten, ist  heute fast die Hälfte der Bevölkerung christlich. Neben der römisch-katholischen Kirche spielen vor allem die Herrnhuter Brudergemeine eine bedeutende Rolle. An der Liturgie zum Weltgebetstag haben Vertreterinnen aus fünf christlichen Konfessionen mitgewirkt. 

Doch das traditionell harmonische Zusammenleben in Surinam ist zunehmend gefährdet. Die Wirtschaft des Landes ist extrem abhängig vom Export der Rohstoffe Gold und Öl und war es bis 2015 auch vom Bauxit. Schwanken die Preise auf dem Weltmarkt, so trifft dies den surinamischen Haushalt empfindlich. Das einst gut ausgebaute Sozialsystem ist mittlerweile kaum noch finanzierbar. Während der massive Rohstoffabbau die einzigartige Natur Surinams zerstört, fehlt es in Politik und Gesellschaft des erst 1975 unabhängig gewordenen Landes an nachhaltigen Ideen für Alternativen. Dass das Gleichgewicht in Surinams Gesellschaft aus den Fugen gerät, wird besonders für Frauen und Mädchen zum Problem. In den Familien nimmt Gewalt gegen Frauen und Kinder zu. Vermehrt brechen schwangere Teenager die Schule ab. Frauen prostituieren sich aus finanzieller Not.

In Gebet und Handeln verbunden mit Surinams Frauen sind am 2. März 2018 hunderttausende Gottesdienstbesucher*innen in ganz Deutschland. Mit Kollekten und Spenden zum Weltgebetstag 2018 fördert das deutsche Weltgebetstagskomitee das Engagement seiner weltweiten Projektpartnerinnen. Darunter ist auch die Frauenarbeit der Herrnhuter Brüdergemeine in Surinam. Sie bietet qualifizierte Weiterbildungen für Jugendleiterinnen an, die jungen Frauen in Schwierigkeiten zur Seite stehen.

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Lisa Schürmann, Weltgebetstag der Frauen – Deutsches Komitee e.V.

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Informationen zu Titelbild und Künstlerin

Anders als die Texte und Gebete des Gottesdienstes ist das jeweils vorgeschlagene Titelmotiv zum Weltgebetstag nicht international verbindlich, sondern als Angebot für alle nationalen Komitees gedacht.

Im Jahr 2017/18 hat das Deutsche Weltgebetstagskomitee aus vier Bildern surinamischer Künstlerinnen das Motiv von Sri Irodikromo für die Gestaltung seiner Plakate und Postkarten gewählt.

Das vom Surinamischen Komitee vorgeschlagene Bild von Alice Pomstra-Elmont wurde in Deutschland als Titelbild für den Weltgebetstag mit Kindern gewählt.

Der folgende Text bezieht sich auf

Sri Irodikromo und ihr Bild.

Lebendige Stillleben

Kräftige Farben und starke Figuren, zarte Linien und verträumte Gesichter: Die Künstlerin Sri Irodikromo setzt Surinams Frauen in Szene. Hoch konzentriert träufelt sie das Wachs auf den Stoff. Linie um Linie. Dann: Ein fetter Tropfen fällt aus dem mit einem Ausgiesser versehenen Näpfchen. „Ups“, sagt sie und zieht die nächste Linie. Erst als die kleine Kelle leer ist, schaut sie auf. „Das ist kein Beinbruch“, meint Sri Irodikromo lächelnd. „Das regt meine Fantasie später umso mehr an, daraus etwas Schönes werden zu lassen.“

Ein Blick auf die fertigen Werke der Künstlerin zeigt, dass es hier, wie bei den schon vollendeten Werken, keine „Fehler“ geben wird. Erst seit wenigen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit der traditionellen javanischen Batik - Kunst. „Das ist ein bisschen wie heimkommen zu den eigenen Wurzeln“, erklärt sie. Ihre Familie väterlicherseits stammt aus Java, ihr Vater ist ein angesehener Bildhauer und Maler in Surinam. Vergleichen lassen sich die Arbeiten von Vater und Tochter nicht. „Ich gehöre einer anderen Generation an“, sagt sie diplomatisch. Auch weil es für akademisch gebildete Künstlerinnen nicht leicht ist, von ihrer Kunst zu leben, erteilt sie seit 2011 im javanischen Kulturzentrum Unterricht in traditioneller Batikkunst und textilem Gestalten. Ihre Arbeitstechnik verbindet Altes und Neues: „Hier in Surinam verschmelzen Kulturen. Menschen aus verschiedenen Kulturen heiraten. Und so nimmt meine Kunst Anleihen im Osten und im Westen, in der Tradition und in der Moderne.“ Sie findet Inspiration in der bunten Verschiedenheit der unterschiedlichen surinamischen Ethnien.

Alle sind Siegerinnen Ihre großformatigen Gemälde fertigt sie zur Zeit auf zerschnittener und grob zusammengenähter Leinwand. Sie befestigt Stückchen von Kleiderstoff auf dem Malgrund und vervollständigt das Muster mit Farbe, um so authentische Bekleidung darzustellen. Deshalb verwendet sie Stoffe, die aus den traditionellen Gewändern der abgebildeten Ethnie stammen: Bestickte Karo-Stoffe für Maroon-Frauen, Sari-Stoffe für Inderinnen. Ihre Gemälde zeigen graziöse engelsgleiche Gestalten und üppige Matronen. „Die Frauen hier in Surinam sind alles: Zauberinnen und Engel, wild und zart, dick und dünn, ihre Haut kann Elfenbein - Weiss oder Ebenholz - Schwarz sein; und jede Schattierung dazwischen haben.“Jetzt spricht sie ganz engagiert: „Aber alle sind Siegerinnen.“

Die 1972 Geborene studierte in den Niederlanden Malerei und Bildhauerei und hat Kupferstiche und Lithographien geschaffen. Es gelingt ihr, den Ausdruck von Gesichtern und die Bewegung von Körpern und Gliedmassen als Momentaufnahme einzufangen. Ihre nicht gegenständlichen Werke beinhalten so viele Details, dass sich das Gefühl aufdrängt, selbst bei mehrmaligem Betrachten nicht „fertig“ zu werden. Verschiedene Ausstellungen in der Karibik zeigten ihre Werke, und in der Galerie „ReadyTex“, mitten in der Innenstadt von Paramaribo, kann man ihre Arbeiten zu moderaten Preisen erwerben. Noch.

Freddy Dutz